Richard Wagner

Master of Dungeon Masters

Rätsel im Rollenspiel, und wieso sie meistens keine gute Idee sind.

Moment, alle erst einmal tief durchatmen. Ich kann natürlich die erste Empörung beim Lesen dieses Beitrages nur allzu gut verstehen. Wie viele von euch bestimmt auch, liebe ich das Lösen von Rätseln und kleinen Denksportaufgaben. Daher ist es nicht nur sehr verständlich und nachvollziehbar, diese auch in seine Rollenspielabenteuer einbauen zu wollen, nein, sie haben sogar eine sehr lange Vorgeschichte.

Fantasy Literatur

Schon in der bekanntesten Fantasy Literatur sowie in der Mythologie von Sagen und Legenden, trafen die Helden immer wieder auf Rätsel die es zu lösen galt. Sei es unser kleiner Hobbit Bilbo, der sich mit Gollum in der dunklen Höhle einen Rätselwettstreit um den Einen Ring focht oder die sagenhaften Helden der Antike, die sich den Mysterien der Sphinx stellen mussten.

Keine Frage, Rätsel haben schon von Anfang an eine sehr große Bedeutung in den Heldengeschichten, die in Rollenspielen wie Das Schwarze Auge, Dungeons & Dragons oder vielen anderen ja auch aus Spielersicht in gewisser Art und Weise durchlebt werden wollen.

Abenteuer

Daher ist es auch gar nicht verwunderlich, wenn viele der Autoren für Rollenspiel-Abenteuer gerne zu diesen „Hindernissen“ greifen, um eine Alternative zu den eher martialisch angehauchten Begegnungen anzubieten. Und zugegeben, Rätsel werden je nach Präferenz der Spieler am Tisch auch liebend gerne angenommen und bieten eine erfrischende Abwechslung im vielleicht sonst eher „Hack n Slay“ lastig angelegten Abenteuer.

Wenn es also gute Gründe für Rätsel im Abenteuer gibt und eure Spieler diese vielleicht sogar lieben und diese Rätselnüsse dankbar knacken, wieso sollte es dann eine schlechte Idee sein, fragt ihr euch hier jetzt vielleicht?

Escape Room

Das hängt natürlich, wie so oft, von eurem Spielstil ab. Während ihr wie in einem Escape Room vielleicht weniger den Aspekt des Ausspielen einer Rolle in euren Runden darstellen wollt und daher den Rätseln als Max, Lieschen oder Kevin begegnen wollt, dann werden euch die Rätsel in euren Sitzungen vermutlich keinen Abbruch tun. Hier kann man den Herausforderungen mit seinen persönlichen Vorlieben und Intellekt begegnen und sie, sofern man sie grundsätzlich mag, in vollen Zügen genießen.

Wieso ist Zandor der Zauberer plötzlich so stark?

Aber viele Runden, wie auch meine, nutzen das Rollenspiel eben nicht nur wegen der taktischen Herausforderungen der Kämpfe, dem sorgfältigen Planen eines Abenteuers oder eben den besagten Rätseln, die es zu knacken gilt. Im Zentrum vieler Runden, die ich kenne, liegt das Eintauchen in eine andere Person und das Erleben ihrer Abenteuer aus einer ganz anderen Perspektive.

Wir verteilen in den meisten unserer geliebten Rollenspielsysteme Attribute, welche die Stärken und Schwächen der von uns gespielten Charaktere definieren und wir versuchen sie auszuspielen. Das passiert zum Einen durch das Spielsystem, das es stärkeren Charakteren erlaubt, Tests bei denen viel Körperkraft gefragt ist, leichter abzulegen und natürlich durch unser am Tisch zelebriertes Ausspielen der Rolle.

Daher macht es ja auch kaum Sinn, von dem Spieler am Tisch zu verlangen, seine Körperkraft zu beweisen und schwere Steine zu stemmen oder Türen mit seiner Schulter aufzustemmen. Das erledigt sein Barbar ganz von alleine mit einem passenden Würfelwurf.


Ist es dann nicht eher etwas befremdlich, wenn wir von dem Spieler erwarten die Rätsel zu lösen, welche seinem hochintelligenten Zauberer wohl kaum mehr als ein müdes Lächeln entlocken würden? Zerstört es vielleicht sogar ein wenig die Glaubwürdigkeit mancher Charaktere, wenn Crogar der Barbar alle Rätsel mühelos löst, auch wenn seine Intelligenz kaum fürs Lesen reicht? Ja, ich kann euch schon hören, wenn ihr sagt, daß genau solche Szenen auch sehr lustig sein können und euch Spaß an den Spieltisch bringen. Und ganz ehrlich, wenn genau das euer Ding ist, will ich euch diesen Monty Phyton Humor eurer Runden auch gar nicht berauben. Spaß ist Trumpf letztendlich…

Aber ist es wirklich fair, wenn der Spieler seine persönlichen rhetorischen oder intellektuellen Fähigkeiten in das Ausspielen seines Charakters bringt, wo sie eigentlich gar nicht hin gehören? Meiner Meinung nach nicht, denn worin läge sonst der Sinn Werte für Weisheit, Intelligenz oder Charisma des gespielten Charakters festzulegen?

Also was tun?

Wie löst man nun dieses Dilemma? Nun, vielleicht ja erst einmal gar nicht. Sofern ihr mit den Diskrepanzen, die ich beschrieben habe kein Problem haben solltet, dann macht doch einfach weiter wie bisher. Solange alle ihren Spaß haben, tut es dem gemütlichen Abend ja auch keinen Abbruch.

Sollen ab jetzt keine Rätsel mehr in euren Abenteuern auftauchen, da diese zu viele spieltechnische Probleme aufwerfen? Das fände ich persönlich sehr schade, denn irgendwie gehören ja auch solche Hindernisse zu unseren geliebten Abenteuern fest dazu.

Für meine Runden habe ich mich für den Weg entschieden, die Fertigkeiten und Attribute des Charakters bei solchen Aufgaben einfließen zu lassen. In manchen Fällen lasse ich den Barbar mit Intelligenz einfach einen Check machen, um zu testen, ob er die gleiche Idee hat wie sein Spieler oder ich lasse einen Spieler mit einem Charakter, der eine sehr hohe Intelligenz hat einen Test machen und gebe ihm bei Erfolg ein paar extra Hinweise. Ähnlich handhaben wir es übrigens auch mit dem Charisma oder der Fertigkeit Verhandeln. Auch diese sollte nicht voraussetzen, daß der Spieler ein kleines rhetorisches Talent besitzt.

Ist das so befriedigend wie das Rätsel selber zu lösen? Nein, auf keinen Fall – aber wenn für euch solche Denksportaufgaben bereichernd sind, dann gibt es bestimmt auch andere Wege seinem Genuss zu frönen.

Und nun?

Wie sieht es mit euch aus? Wie baut ihr Rätsel in eure Abenteuer ein? Lasst ihr lieber eure Spieler die Aufgaben knacken, ganz egal, welche Rolle sie am Abend spielen oder orientiert ihr euch eher nach den Fähigkeiten der Charaktere? Oder habt ihr eventuell eine ganz andere (bessere?) Lösung parat? Ich bin sehr gespannt von euch zu lesen…

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Kommentare

2 Antworten zu „Rätsel im Rollenspiel, und wieso sie meistens keine gute Idee sind.“

  1. Avatar von Aaron Böhler
    Aaron Böhler

    Es gibt im OSR Bereich einige Systeme, die das Problem umgehen, indem sie die Eigenschaft „Will“ (o. ä.) abdecken, bewusst aber auf einen Wert für Intelligenz verzichten. In diesen Systemen ist jede Figur so schlau wie ihr Spieler. Finde ich ganz interessant.

    1. Wenn dann konsequenterweise auch Attribute wie Charisma und Weisheit bei diesen OSR Systemen wegfallen, dann bin ich voll bei Dir. Ob das wirklich den Sinn vom Rollenspiel erfüllt, darf ja auch jeder für sich selbst entscheiden. Solange alle mit Spaß dabei sind, ist das Primärziel erreicht.

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